Du sollst erfahren, dass aus deinem Tun automatisch Materie entspringt ...

Meister Eckehart – Das Gleichnis von den ungleichen Söhnen (Februar 2008)

Der stiftende Gedanke

Aber sei vorsichtig! Wenn du spirituelles Tun an den Tag legst, um Materie zu erzeugen, dann wirst du damit eine sehr grässliche Erfahrung machen. Nein, du sollst erfahren, dass aus deinem freiwilligen, liebevollen Tun automatisch Materie entspringt, weil es gar nicht anders möglich ist.

In dieser Warnung von Meister Eckehart stecken einige wichtige Aspekte, die vielleicht einer kurzen Erläuterung bedürfen.

Jeder (!) Gedanke hat seine unmittelbaren und konkreten Auswirkungen. Wenn hinter einem Gedanken ein weiterer, der eigentliche Auslöser, also der „stiftende“ Gedanke steckt, dann werden sich auch diese Gedanken in unserer Realität entsprechend manifestieren. Und wenn dieser weitere Gedanke der eigentliche, ursprüngliche Gedanke ist, dann ist die schöpferische Kraft dieses ursprünglichen Gedankens energetisch gesehen der „stärkere“ Gedanke. Dieser stiftende Gedanke manifestiert sich ebenso zuverlässig wie andere Gedanken.

Wenn ich also zu meinen Mitmenschen deshalb freundlich bin, weil ich meine Freundlichkeit zum Ausdruck bringen möchte, dann bin ich freundlich. Ich gebe sozusagen Freundlichkeit und werde nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung Freundlichkeit erhalten. Neben diesem Gesetz gibt es noch weitere geistige Gesetze wie das Gesetz der Resonanz; dieses bringt das energetische Prinzip zum Ausdruck, dass die energetischen Schwingungen meiner Freundlichkeit – denn diese hat naturgemäß ihre ganz eigene Schwingung – auch in anderen Menschen Freundlichkeit sozusagen anregt und Freundlichkeit beim Empfänger sozusagen auslöst.

Wenn aber Freundlichkeit deshalb gegeben wird, um Freundlichkeit zu empfangen, wenn also die Freundlichkeit nur vorgetäuscht wird, was hat das dann für eine Auswirkung? Welcher schöpferische Gedanke steckt denn hinter der aufgesetzten Freundlichkeit? Es ist nicht Freundlichkeit, die energetisch ins Leben gerufen wird, sondern es ist genau genommen eine Erwartung! Wenn Freundlichkeit also nur vorgetäuscht wird, um Freundlichkeit zu bekommen, dann spüren das die meisten Menschen und werden nicht freundlich, sondern verhalten oder sogar ablehnend reagieren.

Wenn die Freundlichkeit etwa nur vorgetäuscht wird und Misstrauen dahintersteckt, dann wird das versteckte Misstrauen seine Auswirkungen haben. In solchen Fällen ist daher Misstrauen der ursprüngliche, der „stiftende“ Gedanke, der nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung seine Wirkung entfaltet. Wenn Misstrauen daher die Grundstimmung eines Menschen ist, der meint, schon so viele Erfahrungen gemacht zu haben und meint, allen Grund zu haben, anderen Menschen nicht mehr zu vertrauen, aber Freundlichkeit vortäuscht, um Freundlichkeit zu erfahren, wird nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung alles mögliche, aber keine Freundlichkeit erfahren.

Oder wie es die Bruderschaft ausgedrückt hat: „Du kannst mit Gott keine Geschäfte machen!“

In der geistigen Welt gibt es also keine Täuschung, ein Missbrauch der geistigen Gesetze ist – jedenfalls auf dieser Ebene – damit ausgeschlossen. Ganz allgemein gesprochen: Auf der geistigen Ebene gibt es kein Verstecken, kein Verheimlichen, keine Heuchelei; jeder Gedanke ist in der geistigen Welt genauso wahrnehmbar, wie Geräusche in der physischen Welt wahrgenommen werden – unmittelbar und direkt.